Kolorierte elektronenmikroskopische Aufnahme von Prochlorococcus-Zellen
Foto: Luke Thompson / Chisholm Lab And Nikki Watson / Whitehead / MIT
Es ist einer der wichtigsten Sauerstofflieferanten der Erde und dürfte namentlich doch nur wenigen Menschen bekannt sein: Forschende haben nun herausgefunden,dass das Bakterium Prochlorococcus empfindlicher auf hohe Temperaturen reagiert als bisher gedacht.
Der im Fachjournal »Nature Microbiology«
vorgestellten Studie zufolge könnte die Prochlorococcus-Menge in tropischen Ozeanen in den kommenden Jahrzehnten immens schrumpfen. Bis zu 51 Prozent des Bestands könnten demnach unter moderaten und hohen Erwärmungsszenarien bis zum Jahr 2100 aus den Gewässern verschwinden. Die Forschenden befürchten,dass der Rückgang eine Kettenreaktion in den marinen Nahrungsnetzen auslöst.
Das Cyanobakterium lebt in den obersten Wasserschichten der Ozeane. Sehen kann man es mit bloßem Auge nicht,die Zellen haben einen Durchmesser von etwa 0,5 bis 1 Mikrometer. In einem Wassertropfen können Hunderttausende Zellen vorkommen.
Die ökologische Bedeutung von Prochlorococcus ist enorm: In den nährstoffarmen tropischen und subtropischen Gewässern machten die Bakterien fast die Hälfte der Phytoplanktonbiomasse aus,wie das Team um François Ribalet von der University of Washington in Seattle erläutert. Sie besiedelten über 75 Prozent der sonnenbeschienenen Meeresoberflächen der Welt. Damit sei Prochlorococcus auch für die Nahrungsnetze wichtig.
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Von der klimatischen Entwicklung profitieren könnte dem Team um Ribalet zufolge das ebenfalls winzige Cyanobakterium Synechococcus. Computermodelle hätten ergeben,dass es die ökologische Lücke,die Prochlorococcus bei höheren Wassertemperaturen zu hinterlassen droht,zumindest teilweise füllen könne. Dadurch werde die »Änderung im Nahrungsnetz wahrscheinlich nicht so stark ausgeprägt« sein,sagt Gerhard Herndl,emeritierter Professor für Meeresbiologie der Universität Wien.
»Eine wesentliche Schwäche der Studie ist die auf die obersten Schichten beschränkte Probennahme«,sagt Bernhard Fuchs vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen. Denn dadurch bleibe außen vor,was in tieferen Schichten geschehe – ob sich beispielsweise Prochlorococcus-Bakterien aus tieferen,kühleren Schichten wieder ansiedeln könnten,wenn nach einer Hitzewelle ein Teil der Population abgestorben ist.
msk/dpa